Louise Kennedy: Übertretung

Klappentext:
Jeden Tag, während Cushla Lavery ihrer alkoholkranken Mutter das Frühstück macht, sich im Garten mit dem Nachbarn unterhält, ihre Grundschüler unterrichtet oder in der Bar ihrer Familie aushilft, werden die Toten und die Verletzten gezählt. Es ist 1975, und in Belfast eskaliert der Bürgerkrieg. Die katholischen Laverys betreiben ihren Pub in einer überwiegend protestantischen Vorstadt. Sie müssen vorsichtig sein – ein falsches Wort, schon findet man sich auf einer Todesliste wieder. In diesem »Höllenloch« gibt es vieles, was man besser nicht tut. Sich in einen verheirateten Mann verlieben, der nicht nur ein wohlhabender, angesehener Prozessanwalt ist, sondern auch noch Protestant. Sich einmischen, wenn ein Schüler schikaniert und sein Vater fast totgeprügelt wird. Gegen jede Vernunft beginnt Cushla eine leidenschaftliche Affäre mit dem deutlich älteren Michael Agnew, gegen jede Vernunft setzt sie sich für den kleinen Davy ein – und bezahlt einen hohen Preis. Louise Kennedys international gefeierter Roman erzählt von einer tief gespaltenen Gesellschaft, von einem Konflikt, dessen Wunden bis heute nicht geheilt sind, von Menschen, die versuchen, inmitten täglich stattfindender Gewalt ein normales Leben zu führen. Ein herzzerreißendes, bittersüßes, unvergessliches Buch.

Die junge, katholische Lehrerin Cushla ist die Hauptfigur in diesem Roman. Unterrichtet sie nicht, so wird sie durch ihre Familie eingebunden. Sie kümmert sich um die alkoholkranke Mutter und hilft im Pub ihrer Familie aus. Dazu liegt ihr ihr Schüler Davy am Herzen, dessen Familie und er schikaniert werden, da seine Mutter Protestantin ist, während der Vater Katholik ist.
In der Grundschule beginnt der Morgen mit den Nachrichten: Die Schüler zählen auf, was passiert ist: Eine Bombe hier, ein Mord dort, ein Bombenopfer hier, ein fast zu Tode geprügelter dort. Im Alltag sind dies keine außergewöhnlichen Nachrichten. Diese Geschehnisse prägen den Alltag. So ist es „normal“, dass der Nachbar täglich unter sein Auto schaut, ob dort eine Bombe platziert wurde.
In dieser Atmosphäre darf nicht geschehen, was geschieht. Sich als Katholikin in den angesehenen, älteren, protestantischen Prozessanwalt zu verlieben. Doch das geschieht Cushla, als sie im Pub der Familie Michael kennenlernt. Während sie unter einem Vorwand seine Freunde trifft, ist ihre Familie nicht informiert. Zu gefährlich wäre es für den Pub und ihre Familie.
Ich begann das Buch, als es auf der Shortlist zum British Book Award stand. Ich beendete es, als es diesen gewann. Die 304 Seiten faszinierten mich und ich las es fast in einem Rutsch. Der Inhalt fesselte mich. Nein, ich wuchs nicht in Nordirland auf, doch besuchte ich mehrmals Belfast und andere nordirische Städte. Noch über vierzig Jahre danach hat der Konflikt seine Spuren hinterlassen. Hierbei meine ich nicht die optischen. Mit Dubliner Kennzeichen versehentlich am Jahrestag in die Nähe des Marsches des protestantischen Oranier-Orden zu gelangen ist auch heute noch nicht ungefährlich.

Welch gewaltiges Buch über die Liebe. Eine verbotene Liebe. Angesiedelt in Nordirland der 70er Jahre, das von Gewalt, Religion, Politik und Alkohol geprägt ist.
Ein Buch, welches so anschaulich geschrieben ist, dass ich den Alkohol rieche, die Bombendetonationen höre und den Wunsch verspüre, dem Priester in die Fr… zu schlagen. (sorry.) Es verursachte mir mehrmals Gänsehautmomente. Natürlich werden irische Stereotypen verwendet, allerdings passend und es tut diesem tollen Buch keinen Abbruch.
Natürlich hoffte ich auf ein Happy End, obwohl der Spannungsbogen mir bewusst machte, dass es dieses nicht geben kann?

Wer so gewaltig schreibt, dass ich Raum und Zeit vergesse und das Buch nach der letzten Seite weinend weglege, der folge ich blind mit den nächsten Büchern, von denen ich hoffe, dass Louise Kennedy noch viele schreiben wird und kann. Nun bestelle ich mir erst einmal ihren Band mit Kurzgeschichten.
Und ich hoffe auf eine Verfilmung durch die BBC.

 

Foto: Steidl Verlag

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