Tana French: Feuerjagd

 

Klappentext:
Zwei Männer kommen nach Ardnakelty. Einer kommt nach Hause. Einer kommt, um zu sterben. Und ein junges Mädchen steht zwischen allen Fronten.
Ein ungewöhnlich heißer Sommer hat Irland im Griff. Die Farmer sind nervös, die Ernten bedroht. Die 15-jährige Trey hat an das kleine Dorf schon ihren Bruder verloren. Etwas Sicherheit bietet der Außenseiterin nur der ehemalige Polizist Cal, der sie liebt wie eine Tochter. Da kommt nach Jahren der Abwesenheit unerwartet Treys Vater zurück. Mit offenen Armen empfängt ihn niemand, doch er bringt einen verheißungsvollen, gefährlichen Plan mit. Und einen Fremden. Cal versucht, Trey zu schützen, aber Trey will keinen Schutz. Sie will Rache.

»Herausragend. Welch ein Glück für uns Leser!« Stephen King
»Einzigartig stimmungsvoll … außergewöhnlich … wer immer noch glaubt, French müsse sich an die Regeln halten, hat ihre bemerkenswerten Romane nicht verdient.« Washington Post
»Tana Frenchs Dialoge gehören zu den besten der Branche. Sie zeigt das banale Böse hinter dem lächelnden Gesicht des Dorfes und erinnert uns daran, dass wir solche Orte auf eigene Gefahr unterschätzen.« New York Times
»Vielschichtig erzählt, eindringlich und atmosphärisch … Die Figuren werden so lebendig, dass ich mich noch lange nach der Lektüre frage, wie es ihnen geht – ein Beweis für die Meisterschaft der Autorin.« Guardian
»Vielleicht Tana Frenchs bester Roman bisher. Spannend und intelligent erkundet die Autorin Fragen von Loyalität, Instinkt und Gemeinschaft. Meisterhaft legt sie Geheimnisse frei, die wir aus Liebe oder Rache bewahren, und erforscht, wie weit wir gehen, um unsere Familie zu schützen, sei sie blutsverwandt oder gewählt.« CrimeReads
»Eine fesselnde Geschichte von Vergeltung, Aufopferung und Familie – von der Königin der irischen
Spannungsliteratur.« TIME

 Schwer beeindruckt fällt es mr schwer meine Begeisterung in Worte zu fassen.

Der Vorgänger, „Der Sucher“, war bereits ein grandioses Buch. Bewusst spreche ich von Buch und nicht Krimi, da es für mich kein klassischer Krimi war. Ein Roman, der mich in vielen Bereichen an einen Western erinnerte. Nie hätte ich damit gerechnet, dass Tana French einen zweiten Band, ebenfalls grandios, schreiben würde.
Während eines heißen Sommers kommt Treys Vater zurück ins Dorf. Er bringt einen reichen Engländer mit, der in dem Ort nach Gold suchen möchte.
Dies beschreibt oberflächlich die Handlung, die ein Buch von 528 Seiten füllt. Spannend füllt.
Die Spannung wird nicht durch Aneinanderreihung von blutigen Morden erzeugt.
Im Gegenteil. Die Beschreibung von Familie, Natur und Bewohnern und der Dynamik im Dorf ließen mich jede Seite schnell umblättern.

Der amerikanische Ex-Polizist Cal ist inzwischen im Dorf angekommen und liebt Trey wie eine eigene Tochter. Trey hat sich in den zwei Jahren entwickelt, vergisst und verzeiht dem Dorf die Schuld an dem Tod ihres Bruders Brendan nicht. Rache verzehrt sie.
Mir fiel es sehr schwer das atmosphärisch dichte Buch aus der Hand zu legen. Ich hätte stundenlang die facettenreiche Beschreibung der Dorfbewohner, der Natur weiterlesen können. Oder weitere Dialoge, die sehr gutgeschrieben sind, lesen mögen. Die Figuren sind dermaßen lebendig, dass es schwer fällt mit ihnen keine eigenen Dialoge mit ihnen zu führen.

 

„Read what I see“: Der Anblick von viel Frau aus der Sicht von Leo

Leo ist ein kleiner blonder Junge im Alter von 3 Jahren. Ein kleiner Charmebolzen, der mich immer an eine Astrid Lindgren Figur erinnert, die noch nicht geschrieben wurde.
Ohne seine Polizeimütze auf dem Kopf habe ich ihn kaum gesehen, kaum mit schlechter Laune erlebt. Wenn ihm etwas auf dem Herzen liegt, dann stellt er Fragen. Wenn ihm etwas nicht gefällt, dann sagt er es. Wenn er vor mir steht, ausführlich und sehr ausdrücklich erzählt, dass er Polizist werden möchte, dann glaube ich es ihm auf ’s Wort. Wobei ich die leichte Vermutung habe, dass vielleicht auch der Beruf des Feuerwehrmannes ins Spiel kommen könnte.
Leo hat mir gegenüber keinerlei Hemmungen mich Löcher in den Bauch zu fragen. Der folgende Auszug gibt einen Überblick darüber, wie groß diese Löcher sein können.
Als ich das erste Mal bei seiner Familie war, wurde ich erst einmal in Augenschein genommen. Dann sah ich, wie es in seinem Kopf arbeitete und schon stellte er mir, sehr charmant, seine Fragen. Vollkommen aus dem Zusammenhang heraus:
Leo: „Frau Sabine, wann kommt Dein Baby?“
Sabine dreht sich um, verkneift sich das Lachen:
„Leo, das ist kein Baby, das ist mein dicker Bauch.“
Leo: „Nicht schlimm, mein Papa hat auch einen dicken Bauch.“

Leo: „Frau Sabine, wo sind Deine Kinder?“
„Leo, ich habe keine Kinder.“
Leo: „Keine Kinder. Gibt es nicht.“

Leo: „Und wo ist Dein Mann? Im Auto?“
„Ich habe keinen Mann.“
Leo ist irritiert. „Frau Sabine, aber wenigstens Hühner hast Du?“
„Nein, Leo, ich habe keine Hühner. Ich habe keinen Garten dafür.“
Leo: „Frau Sabine, keine Hühner? Egal, Du darfst trotzdem wiederkommen.“
Drehte sich um, knallte seine Hacken wie ein Soldat vor seinem Oberst zusammen und wackelte mit der viel zu großen Mütze auf dem Kopf von dannen.
Und hinterließ eine sehr amüsierte Sabine.

Beim nächsten Besuch war Leo inzwischen 4 Jahre alt. Die Polizeimütze ist immer noch viel zu groß und ich erstaune ihn wegen meiner Körperfülle immer noch?
Leo erzählte ganz stolz von seinem schwarzen Huhn. Dieses Mal war ich ein wenig vorgewarnt und es hätte mich eher enttäuscht, wenn ich mein Fett nicht abbekommen hätte. Schneller als ich denken konnte, ging sein Gedankenkarussell wieder los.
Leo:“ Mein Huhn Valentina ist bald so dick wie Du Frau Sabine.“
„Leo, man sagt den Menschen aber nicht ins Gesicht, dass sie dick sind. Dann sind die traurig.“
Leo: „Aber Frau Sabine, ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der einen so großen Bauch und Popo hat wie Du.“
„Leo, das solltest Du mir so nicht sagen. Ich lache darüber, aber es gibt Menschen, die sind dann traurig, wenn man ihnen sagt, dass sie dick sind.“
Leo: „Aber Frau Sabine, Du bist doch dick!“
„Leo, ich habe eine Freundin, die hat noch einen dickeren Popo als ich. Die wäre ganz traurig, wenn Du ihr sagst, dass sie dick ist“
Leo: „Einen größeren Popo als Du Frau Sabine? DAS gibt es wirklich nicht. Aber Du hast nicht einen so großen Busen wie meine Oma. Der ist nämlich riesig.“
Damit schien das Thema vorerst erledigt.

Er hörte Musik, malte, und erklärt, dass er das Kinderzimmer neben dem Bad bekommen hat, da er nachts manchmal ganz schnell auf die Toilette muss. Mit dem nun kurzen Weg passiert ihm nicht so schnell ein Malheur.
„Leo, das kann doch mal passieren. Der Sohn von meinem Bruder hat im Kindergarten manchmal in die Hose gemacht. Dann haben ihn die anderen Kinder Hosenscheißer genannt.“
Leo: „Frau Sabine, das ist aber ganz, ganz gemein!“
„Ja Leo und wenn Du zu Menschen sagst, dass sie dick sind, ist das auch gemein.“
„Oh Frau Sabine, ja das ist richtig gemein.“ Und schüttelt seinen blonden Lausbubenkopf dazu…..
Dreht sich um und hat etwas gelernt?
Auf die Fortsetzung unseres nächsten Dialoges bin ich sehr gespannt.
Zum Abschied bekam ich ein selbst gemaltes Bild von ihm. Für ihn stelle ich irgendwie ein Phänomen dar. Er kennt Frauen mit dickem Bauch nur, wenn sie schwanger sind. Eine Frau ohne Mann ist für ihn ebenfalls unbekannt. Nun repräsentiere ich einige Bereiche, die ihm unbekannt sind: Dick, kein Mann und man beachte: Keine Hühner.
Um ehrlich zu sein: Seine offenen Fragestellungen ohne dabei Hemmungen zu haben, seine Verwunderungen anzusprechen, amüsieren mich. Mir machen sie Spaß. Nein, sie verletzen mich nicht und erinnern mich daran, wie meine Außenwirkung sein kann. Ja, viel Frau wird von den Menschen sicherlich verschieden wahrgenommen. Und von vielen Männern gemocht.

 

 

Foto:privat

John Ajvide Lindqvist: Refugium

Klappentext:
Der Auftakt der spektakulären neuen Spannungstrilogie aus Skandinavien.»Einfach großartig, wie John Ajvide Lindqvist mit seinem glitzernden Monstertruck in die Krimilandschaft donnert.« Aftonbladet
Ein explosives Ermittler-Duo. Sie: Expolizistin und Krimiautorin im Karrieretief. Er: ein Hacker mit gequälter Seele. Sie ziehen einander an. Sie stoßen einander ab, aber sie müssen einander vertrauen.
Ursprünglich sollte Kim Ribbing, der die Spuren eines tiefen Traumas in sich trägt, die ehemalige Polizistin Julia Malmros bei Recherchen unterstützen. Doch dann erschüttert ein Verbrechen das sommerliche Leben in den Schären.
Mittsommer. Der längste Tag. Die dunkelste Nacht.
Nicht weit von Julias Ferienhaus werden die Gäste eines Mitsommerfests grausam hingerichtet. Nur Astrid Helander, der Tochter der Familie, gelingt es, sich zu retten. Aber das junge Mädchen ist verstummt. Für Julia ist die Zeit gekommen, zu handeln.
Mit Gespür für dichte Atmosphäre und die psychologischen Feinheiten seiner Figuren schreibt John Ajvide Lindqvist einen vielschichtigen Thriller, der unter die Haut geht.
Während Kim sich auf die Spur der Täter setzt und ihnen im World Wide Web und rund um den Globus folgt, nutzt Julia ihre Kontakte zur Kriminalpolizei. Ausgerechnet ihr Exmann Johnny ist mit den Ermittlungen betraut. Wer steht hinter den Auftragskillern? Und was hat Kim Ribbing zu verbergen, der immer wieder im Alleingang arbeitet.
Für alle Fans der Millenium-Reihe und Leser:innen von skandinavischer Spannung.

Die dem Buch beigefügte Leseprobe war für mich nicht nötig, um meine Gier auf Band 2 anzustacheln.
Die Handlung ist „schnell“ erzählt: Eine Autorin, Julia Malmros, benötigt Unterstützung für Recherchen. Sie soll eine Fortsetzung der „Millenium“ Reihe schreiben. Kim Ribbing klärt sie über die Hackerwelt auf.
Während sich beide später in Julias Ferienhaus aufhalten, werden während der Feierlichkeiten zur Mittsommernacht ihre Nachbarn ermordet. Die 14-jährige Tochter überlebt. Die Ermittlungen führt Julias Ex-Mann Johnny.
So weit so gut.
Reicht diese Rahmenhandlung wirklich aus, um einen Thriller mit 528 Seiten zu füllen? Spannend zu füllen? Mich der Fortsetzung entgegen fiebern zu lassen?Und wie!
Der Thriller lebt natürlich von seinem Plot, der einige Wendungen nimmt. Genauso lebt er von seinen Charakteren. Zum einen gibt es die Autorin Julia, die ein Ersatzbuch schreiben muss, zum anderen den reichen, traumatisierte Hacker Kim Ribbing, dessen Geschichte stückchenweise in dem Buch entblättert wird. Doch beileibe nicht komplett. Seine Alleingänge führen letztendlich zur Lösung des Falls, doch wie gesagt, ist das nur ein Aspekt der Handlung.
Die Charaktere werden ausführlich beschrieben, sie haben Ecken und Kanten, Geheimnisse und sind einfach lebendig.
Mir trinken einige zu viel. Lassen sich Handlungen nicht beschreiben, ohne dass ständig eine Flasche Wein gekippt wird?
Mit „Refugium“ wurde ein fulminanter Start hingelegt, dessen Fortsetzungen vermutlich ein jeder Leser sehnsüchtig erwartet. Sei es, um die Geheimnisse und Vergangenheit um Kim Ribbing zu erfahren? Kann er sich weiterentwickeln, um zu leben?
Immer wieder wird auf die Millenium Reihe“ verwiesen. Beginnend mit dem Klappentext und später im Buch, da Julia Malmros eine Fortsetzung der Reihe schreiben soll. Nein, es ist mit der Millenium Reihe nicht vergleichbar. Qualitativ nicht vergleichbar. Der hier erwähnte Hacker verfügt über ein Trauma, die Autorin hängt zeitlich zwischen zwei Büchern fest.

Dieser Vergleich ist zu gewollt.

Zwischendurch musste ich beim Lesen darüber schmunzeln, nach Beendigung des Buches bin ich der Meinung, dass diese ständige Anspielung überflüssig ist. Die Handlung hätte gut für sich alleine stehen können, ohne sich an Millenium Charaktere anzubiedern.

„Read what I see”: Die REHA Whistleblowerin

Wenn einer eine Reise macht, so hat er viel zu erzählen?
So – oder so ähnlich – wurde es zu analogen Zeiten behauptet.

Kann man dies außerhalb von analogen Zeiten übertragen? In den REHA-Bereich? Nein, nein, es geht hier nicht um erotische Beschreibungen der Kurschatten. Sich finden, heimlich mit dem Piccolo unter dem Arm in die kleinen Einzelzimmer der Angebeteten, die damals vermutlich der heutigen Größe eines Doppelzimmers entsprechen, zu verschwinden und sich mit noch intakten Hüften miteinander vergnügen – davon sind wir hier weit entfernt.
Ja, ich schreibe von wir. Wobei doch nur ich schreibe: Die „REHA-Whistleblowerin“.

Der ungeschönte Blick hinter die Kulissen. Von modernisierten Speisesälen, deren maximaler Aufenthalt dort nicht einmal einer Halbzeit einer Fußballmannschaft vom Dorf entspricht. Den dort eingesetzten Thermoskannen mit Tee, die Erinnerungen an Schulausflüge in Jugendherbergen der 80er Jahre und früher wecken. Von Wandfliesen im Schwimmbad, die mit Gaffatape fixiert sind und kritisch beäugt werden.

Vom nichtexistierenden Freizeitangebot, was die momentan wenig mobilen Menschen aggressiv macht. Von Teilnehmern der Gesundheitswoche, die auch mit „Gervais Pampe“ als Quarkspeise zum Dessert abgespeist werden. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Von Behandlungen, Nichtbehandlungen, von Liegewiesen, die man nur mit gesunden Knochen nutzen kann und von viel Frust. Viel Frust in der Luft.

Von schwarzem Humor als Überlebensstrategie, weil man hofft: „Aber morgen wird es besser. Ganz bestimmt.“ Weiterlesen

„Read what I see“: Brief an eine Freundin aus der Eisdiele in H.

Liebste Freundin,

ich sitze in der Eisdiele in H., in der wir uns bereits mehrmals zum Frühstücken getroffen haben. Ja, genau die, in der eine Mitarbeiterin solch eine komische Quietsche Stimme hat. Die Sonne scheint, also packte ich mein Notizbuch ein, um dort einen Cappuccino zu trinken. Natürlich in der Erwartung, dass es dort etwas zu beobachten gibt und sich die Seiten meines Notizbuchs füllen werden.

Wie es ausschaut, wird meine Erwartung erfüllt. Noch wurde der Cappuccino nicht serviert und ich muss mir das Lachen verkneifen. Oder einen überraschten Blick? Ich sitze im Thekenbereich auf der letzten Bank. So habe ich alles im Blick, wie – wer kommt, wer geht – bekomme die Eisbestellungen der Schulkinder mit und höre das Meckern der Kellnerin, die draußen Getränke servieren möchte, ihr jedoch niemand der eintretenden Gäste die Tür öffnet. So muss sie erst ihre Tabletts abstellen, die Tür öffnen, die Tabletts erneut in die Hand nehmen und schwupps knallt ihr ein neuer Gast wieder die Tür vor der Nase zu.

Was verursacht mir ein Lachen? Am Tisch gegenüber sehe ich eine alte Frau. Ihr Hut ist mit einer großen Nadel auf ihren perfekt sitzenden Haaren, oder Perücke, befestigt. Ihr Gesicht ist von vielen Falten und Pigmentflecken durchzogen. Kerzengerade sitzt sie auf ihrem Stuhl, schaut durch ihre beschlagene Brille auf ihren Eisbecher und löffelt genüsslich mit sehr langsamen Armbewegungen einen Löffel Eis nach den anderen und qualmt. Aus den Ohren. Ja, sie qualmt aus den Ohren!
Ich nippe an meinem Cappuccino, den ich inzwischen bekommen habe, nehme meine Brille ab und schaue erneut zu der Frau hinüber. Meine Brille ist nicht beschlagen, ich sehe richtig. Aus ihren Ohren steigt Qualm auf.
Um ehrlich zu sein, zweifele ich ein wenig an meinem Verstand. Im Kopf überschlage ich meine Medikamenteneinnahme. Nein, in keinem Beipackzettel sind Halluzinationen als Nebenwirkungen aufgeführt.
Diszipliniert vermeide ich es sie anzustarren. Erneut hebt sie mit einer langsamen Bewegung den Löffel mit Eis, und etwas Rotem darauf, zum Mund. Ein klein wenig wendet sie dabei ihren Kopf und plötzlich gibt es keine Nebelschwaden mehr aus ihrem Ohr.

Sie isst einen Eisbecher, den ich nur noch aus den 80er Jahren, vielleicht noch aus den 90er Jahren kenne, doch nicht mehr in der Gegenwart: Vanilleeis mit heißen Himbeeren. Wie früher werden sie in einer Sauciere serviert. Diese Himbeeren müssen sehr heiß sein, da noch immer Dampf aus ihnen hervorsteigt. Je nachdem, wie die alte Dame ihren Kopf hält, wirkt es, als würde der aufsteigende Dampf aus ihren Ohren strömen.
Puh, diese schnelle Auflösung verhindert, dass ich heute eventuell verrückt werde.

Matthew Blake: Anna O.

 

Klappentext:
Seit vier Jahren hat Anna Ogilvy ihre Augen nicht mehr geöffnet. Nicht seit jener Nacht auf der Farm, wo man sie im Tiefschlaf gefunden hat, ein Küchenmesser in der Hand, die Kleidung blutverschmiert. Neben den Leichen ihrer beiden besten Freunde. Die einen halten Anna O. für unschuldig, die anderen für eine kaltblütige Mörderin. Aber nichts und niemand hat sie aus ihrem Albtraum wecken können. Bis jetzt.

Dr Benedict Prince ist Psychologe und Experte für Verbrechen, die im Schlaf begangen werden. Bei Nacht und Nebel wird er in die Schlafklinik The Abbey gerufen. Dort hat man die berühmteste Verdächtige des Landes eingeliefert: Anna Ogilvy, 29. Das ganze Land spekuliert: Hat Anna die Tat wirklich begangen? Hat sie dabei geschlafwandelt? Wie steht es dann um ihre Schuld? Und warum ist sie seitdem nicht mehr aufgewacht?
Ben hat eine gewagte Theorie, wie er Anna wecken könnte. Doch Ben wird beobachtet. Vom Justizministerium. Von seiner Ex-Frau, die als Kommissarin damals als Erste am Tatort war. Von Annas Mutter, früher eine einflussreiche Ministerin. Von einer Bloggerin, die Annas geheime Aufzeichnungen besitzt. Und vielleicht auch von dem mysteriösen Patienten X, dem Anna auf der Spur war. Ben bleibt nicht viel Zeit. Und er ahnt nicht, in welcher Gefahr er schwebt.
Der raffinierte Thriller um Schlaf, Psychologie, Schuld und Rache. 
Ein Spannungs-Roman, der Leser in aller Welt mit seinen faszinierenden Rätseln wachhält.

Anna O. ist die Person, die polarisiert. Erfolgreich mit einem StartUp, soll sie ihre Freunde im Schlaf ermordet haben. Einem Schlaf, aus dem sie seit vier Jahren nicht mehr aufwacht. Die einen halten sie für schuldig, die anderen für unschuldig.
Aus der Haftanstalt wird sie in die Schlafklinik The Abbey eingeliefert, wo sie von dem bekannten Psychologen Benedict Prince unter äußerster Geheimhaltung behandelt werden soll. Unter der Beobachtung des Justizministeriums und der Polizei (seiner Ex-Frau). Unterstützt wird er in der Pflege von der Krankenschwester, die Anna O. bereits während der Haft pflegte.
Während Dr. Prince seine Behandlung mit dem Ziel Anna O. aufzuwecken beginnt, was zur Folge hätte, dass sie vor Gericht gestellt werden kann, überkommen ihm Zweifel. Ist das moralisch korrekt?

Das Buch wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Nüchtern aus der Sicht des Wissenschaftlers Dr. Ben Prince, aus der Sicht von Anna O., dem Tagebuch, Patient x und anderen. In Rückblenden wird auf eine Frau eingegangen, die während des Schlafwandelns ihre Stiefkinder ermordete. Wo gibt es Zusammenhänge?
Wer ist Patient X?
Auf den ersten Blick liest sich das Buch spannend. Der Plot ist gut angedacht und scheint aus dem Wust an Veröffentlichungen herauszuragen, so dass man denkt: „Wie, nur in 30 Länder verkauft? Welches Land könnte diesem Thriller widerstehen?“
Leider ist dem nicht so. Häufig wirkt es wie gewollt spannend, gar mystisch, was auch an den Wiederholungen liegt und den flach gezeichneten Figuren: Irgendwie wurde ich mit ihnen nicht warm.

Der Wechsel der Perspektiven könnte zur Spannung beitragen. Wie zuvor erwähnt, wiederholt sich dadurch vieles und das Buch wird langatmig, obwohl man eigentlich nur schnell eine Seite nach der anderen rasch umschlagen möchte. Um dann zu erkennen: Ach, das gab es bereits.

Die Auflösung kann überraschend wirken, mir war sie leider schon recht früh klar.

Dem Buch hätten weniger Seiten und weniger Überladung an eingebrachten Themen deutlich gutgetan. 480 Seiten sind einige zu viel.

Mich konnte das Buch nicht ganz packen, aber ich kann gut nachvollziehen, warum andere von einem Pageturner sprechen. Die Erzählperspektive, die Einbindung von Patient X, die sich langsam aufbauende Gefahr um Dr. Prince…. Mich störte das verwendete Handwerkszeug. Als regelmäßige Thrillerleserin bin ich halt anspruchsvoll.

 

Leseprobe: https://www.book2look.com/book/9783104918006

Der 9. Mai im Jahr 2024 – zum vierten Mal ohne Dich

Das war der 9. Mai im : Jahr 2021

  1. Mai

Kein runder Geburtstag für Dich.
Kein Muttertag für Dich.
Viele Grüße nach …
ja wohin?
Einem Ort, an dem es Dir besser geht?
Einem Ort, an dem Dich nichts mehr an vor dem 9. Juli erinnert?

Du fehlst.
Auf Deine Dir spezielle Art und Weise.

Deine Tochter

 

Der 9. Mai im Jahr darauf, im Jahr 2022:

Ein Tag nach Muttertag.
Ein Jahr nach Deinem 70. Geburtstag.
Seit einem Jahr und exakt 10 Monaten gibt es Dich nicht mehr, wie wir Dich kennen.
„Vermisst und nicht vergessen“ – diese viel zu häufig verwendete Plattitüde trifft es dennoch, so dass auch ich sie verwende.
Bei Erinnerungen lachend, fluchend und manchmal weinend.
Radiosender spielen viel zu viel Musik, die mit Erinnerungen an Dich verbunden sind. „Seasons in the sun“, „You´re the one that I want“, „Comptine d’un autre été““ und vieles mehr.
Gar ein Einkauf kann Erinnerungen bringen, die mit Tränen verbunden sind.

Und erneut Grüße, Liebe, Umarmungen nach… ja wohin?

Du fehlst.
Du fehlst weiter.

Deine Tochter

 

Der 9. Mai im vierten Jahr:

Es hat sich wenig geändert.
Worte können nur wiederholt werden.

Drei Jahre nach Deinem nicht mehr erlebten 70. Geburtstag.
Seit drei Jahren  und 10 Monaten gibt es Dich nicht mehr, wie wir Dich kennen.
„Vermisst und nicht vergessen“ – diese viel zu häufig verwendete Plattitüde trifft es dennoch, so dass auch ich sie verwende.
Bei Erinnerungen lachend, fluchend und manchmal weinend.
Radiosender spielen viel zu viel Musik, die mit Erinnerungen an Dich verbunden sind. „Seasons in the sun“, „You´re the one that I want“, „Comptine d’un autre été““ und vieles mehr.
Gar ein Einkauf kann Erinnerungen bringen, die mit Tränen verbunden sind. (Stichwort Pfefferfrischkäse)

Und erneut Grüße, Liebe, Umarmungen nach… ja wohin?

Du fehlst.
Du fehlst weiter.

Deine Tochter

 

Eine Weihnachtsgeschichte im Jahre 2023

Hannelore und Franz saßen in der guten Stube und schauten sich an. An den Händen haltend, lauschten sie andächtig „Weihnachten mit Peter Alexander“. Nachdem sie Annemarie ins Bett gebracht hatten, die seit nunmehr fast 40 Jahren darauf bestand, dass diese LP an Heiligabend aufgelegt wurde, wollten sie diese ein letztes Mal gemeinsam hören.
Die Wachskerzen am Weihnachtsbaum dimmten die gute Stube in ein gemütliches Licht. In diesem Jahr beschenkten sie sich nicht. Annemarie bekam eine neue Puppe. Ihre war nach über 60 Jahren zerbrochen und zerfleddert. Einen Puppendoktor, der sie hätte reparieren können, gab es nicht mehr. Hannelores Weitsichtigkeit verhinderte es, wenigstens das Puppenkleid auszubessern.
Monatelang suchten sie nach einer neuen Puppe, bis sie mit der Qualität zufrieden waren. Die mühselige Suche hatte sich für die wenigen Stunden der Verwendung gerechnet. Annemarie jauchzte und ließ ihre Puppe, die sie sofort „Emma Zwei“ taufte, nicht mehr los. Nun lagen beide schlafend im Bett.

Ihre Annemarie: 1960 gab es Komplikationen während ihrer Geburt, so dass sie nie ein eigenständiges Leben führen konnte. Mit knapp sechs Jahren lernte sie laufen, mit zehn Jahren sprechen. Lesen nie. Die ganzen Jahre blieb sie geistig auf dem Stand eines Kleinkinds.
Hannelore und Franz liebten ihr Kind. Wuchsen gemeinsam mit ihr, wurden gemeinsam mit ihr alt. Es gab Momente, in denen sie ihr ein Leben mit Mann und Kindern, oder sich wenigstens während der sexuellen Revolution in den 70ern ausgetobt haben zu können, wünschten. Doch was nicht möglich war, war nicht möglich.

Franz stellte eine neue Kanne mit Tee auf den Tisch. Es war eine Mischung, die Hannelore jeden Herbst mit den getrockneten Kräutern aus dem Garten zusammenstellte.
Die letzte gemeinsame Tasse Tee.
„Erinnerst Du Dich noch an unseren ersten Weihnachtsbaum hier im Haus?“
„Ja“, erwiderte Franz. „Für Annemarie schmückten wir ihn. Das viele Lametta verdeckte die schönen Glaskugeln. Doch sie jauchzte und lachte den ganzen Abend.“
„Unser erstes Weihnachtsfest hier war ein besonderes Weihnachtsfest. Wir dachten darüber nach, noch ein Kind zu bekommen.“
„Dann hätten wir Annemarie nicht gerecht werden können.“
Hannelore dachte an ihre geliebte Annemarie. Ein Kind im Körper einer alten Frau. Mit ihren 62 Jahren war ihr Gesicht von Falten übersät, ihr Rücken krümmte sich. Für Hannelore blieb sie immer ihr kleines Mädchen, welches stundenlang mit ihrer Puppe spielte.

Sie schaute Franz an und erging sich in Erinnerungen. Beide wurden 1935 geboren und wuchsen in einem kleinen Ort auf. Eine typische Sandkastenliebe. In der Grundschule saßen sie nebeneinander, solange es die Schule noch gab.
Sobald sie ihrer Mutter in der kleinen Wohnung geholfen hatte oder mit den Lebensmittelmarken stundenlang anstand, traf sie sich mit Franz zum Spielen. Manchmal standen sie gemeinsam mit ihren Müttern an und spielten in der Schlange fangen. Zum Verdruss der anstehenden.
Sie besuchte noch nicht die Grundschule, als die ersten grauen Busse durch den Ort fuhren. Manch Einwohner weinte und rannte vergeblich in dem Versuch hinterher, ihn einzuholen. Die meisten Einwohner jedoch schauten, im Gegensatz zu Frau Müller von der Metzgerei, weg. „Wird Zeit, dass die Deppen wegkommen. Das Essen reicht schon so nicht für alle.“
Nie vergaß sie das Gesicht eines dunkelhaarigen Jungen hinter einer der Fensterscheiben, der stotternd nach seiner Mama schrie.
Erst sehr viel später verstand sie, dass die grauen Busse die behinderten oder psychisch kranken Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer aus der Umgebung und aus anderen Teilen Deutschlands abholten.
Vom dunkelhaarigen Jungen träumte sie seit mehreren Jahren regelmäßig.

Nach dem Krieg zog sie mit Franz in die erste gemeinsame Wohnung. Klein, kalt und windig war es dort. Dank seiner guten Stellung und ihrem Gehalt zogen sie bald in ihr Haus um. Bis in die 70er Jahre buchten sie einen Weihnachtsmann, begruben den Weihnachtsbaum unter Lametta und Annemaries Bett ebenfalls. Sie liebte es an Heiligabend in das nun knisternde Bett zu steigen. Das erste Auto ließ nicht lange auf sich warten und der erste Auslandsurlaub ebenfalls nicht. Mit Annemarie auf dem Schoß fuhren sie nach Italien. „Bella Italia“. Bei der Erinnerung leuchten ihre Augen. Italien, die Schweiz, Österreich, Frankreich, Florida und viele Länder mehr bereisten sie in den weiteren Jahrzehnten.
Sie dachte an Annemarie und wurde wehmütig. In den 90ern Jahren kamen die ersten Ängste auf, in welche Richtung ihr Land driftete. Ängste, die auch Annemarie galten.
Später verlor sie diese, um vor knapp zehn Jahren erneut drastisch an die Oberfläche zu sprudeln. Seitdem der rechte Salvini Innenminister in Italien war, reisten sie nicht mehr ins Land, spendeten für verschiedene Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer.

Mit dem Erstarken der AfD dachten sie an Auswanderung. Italien und Holland fielen aus. Das englische Gesundheitssystem schaffte es kaum die Engländer zu versorgen. Könnte es sie versorgen? Der Brexit machte ihre Auswanderungspläne endgültig zunichte.
Häufig diskutierte sie mit ihrem Franz über Höckes Reden. Sie lasen „Niemals zweimal in den gleichen Fluss“ und erkannten die Gefahr. Die letzten Hochrechnungen zur Landtagswahl in den neuen Bundesländern verursachten ihr Angst und Atemnot.
„Auch wenn wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen.“ Bei diesem Satz wurde ihr übel und ihr Herz stolperte.
Die vielversprochene Brandmauer gegen rechts gab es nicht mehr. Merz log und brachte bewusst Begriffe wie Leitkultur ins Spiel. Früher musste sie ihn immer aufgrund seiner Optik anstarren. Er war und ist so hässlich. Zuerst äußerlich, inzwischen innerlich. Sein Totenkopfkopf wirkte, als wäre das Fruchtfleisch einer dicken, matschigen Birne darübergestülpt worden. Dieser dumme Kopf stieß nun täglich auch dumme Aussagen und Lügen aus. Bewusste Hetzen gegen Migranten, Zuwanderung führten zu einer Spaltung und weiterem erstarken der AfD.

Es schauderte sie.

Kinder sollten nicht vor ihren Eltern gehen. Es sollte umgekehrt sein. Nun gehen sie gemeinsam.

Seine Hannelore. Hübsch und klug wie am ersten Tag ihres Kennenlernens. Er schaute sie an und spürte ihre Angst. Vermutete, welchen Erinnerungen sie nachhing.
Er dachte an die ersten Jahrzehnte ihrer Ehe. Früher war nicht mehr Lametta. Dank Annemarie mussten sie weiter an gewissen Traditionen festhalten, da Routine wichtig für Annemarie war und ist. Hannelore und er gewöhnten sich daran.
Franz bemerkt Hannelores leuchtende Augen. Sicherlich befindet sie sich gedanklich in Italien. Riecht das Meer und spürt den Sand unter ihren Füßen.

Gleich werden sie in den Keller gehen. Neben dem grauen, verschlossenen Stahlschrank befindet sich das Regal mit den Pokalen. Franz war ein guter Sportschütze. Hannelore war besser. Belegte er einen guten zweiten Platz, so belegte sie in der Damenmannschaft einen ersten Platz. In all´ den Jahrzehnten besiegte er sie nicht ein einziges Mal.
Sie tranken beide den letzten Schluck Tee, löschten die Kerzen am Baum und vergewisserten sich, dass die Briefe dort lagen, wo sie liegen sollten. Viele waren es nicht.
Sie schauten sich an und gingen langsam händchenhaltend in den Keller. Öffneten den Stahlschrank, schraubten jeder einen Schalldämpfer auf und stiegen, erneut die Kellertreppe hinauf.

Sie müssen ihre Tochter vor den grauen Bussen retten.

Eltern sollten ihre Kinder nicht überleben.

 

Foto:pixabay.com

Charles Lewinsky: Rauch und Schall

Klappentext:
Goethe kommt zurück aus der Schweiz und hat zu Hause in Weimar plötzlich eine Schreibblockade. Da kann sein kleiner Sohn August noch so still sein und seine Frau Christiane noch so liebevoll um sein Wohl besorgt. Ausgerechnet sein Schwager Christian August Vulpius, ebenfalls Schriftsteller und von Goethe verachteter Viel- und Lohnschreiber, kommt ihm in dieser Situation zu Hilfe. Zu einer Hilfe, die Goethe nicht will und doch dringend braucht.

Wie soll man über ein Buch schreiben, welches mir so viel Spaß bereitet hat, es zu lesen? Gelangte ich ans Ende einer Seite, so war ich bereits auf die nächste gespannt. Im Grund konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Charles Lewinsky Goethe und die damalige Zeit ein „wenig auf die Schippe nimmt“ und versuchte so viele Infos wie möglich über Goethe ganz nebenbei unterzubringen.

Wie soll ich über ein Buch schreiben, welches mit Hämorrhoiden beginnt und mit diesen endet? Selbstverständlich haben sich diese am Ende des Buches gebessert. Weiterlesen

Victoria Kiellland: Meine Männer

Klappentext:
Was macht eine Frau zur Mörderin und wie erzählt man davon? Mit einzigartiger Sprachkraft taucht Victoria Kielland ein in die Psyche der ersten amerikanischen Serienmörderin Belle Gunness, die um die Jahrhundertwende von Norwegen in die USA auswanderte. Die literarische Sensation aus Norwegen und der internationale Durchbruch für eine junge, mutige Autorin, die mit ihrem Erzählen neue Wege beschreitet.
Die siebzehnjährige Brynhild kann die schreiende Welt in ihrem Inneren nicht zur Ruhe bringen. Sie arbeitet als Magd auf einem Großbauernhof und beginnt eine intensive Affäre mit dem Hoferben. Doch ihre unermessliche Leidenschaft findet bald ein grausames Ende. Brynhild flieht von Norwegen nach Amerika, um ein neues Leben zu beginnen. Dort wird sie sich, eine Getriebene ihres unstillbaren Sehnens, einen neuen Namen geben und bei zahlreichen Männern Zuflucht suchen, die jedoch alle bald auf rätselhafte Weise sterben. Ihr Leben wird zu einem Gefängnis der unheilbaren Wunden, aus dem es für sie kein Entkommen gibt.
Eine der aufsehenerregendsten neuen Stimmen Norwegens betritt die literarische Bühne: Meine Männer ist ein dichter, bildgewaltiger Roman, der vor roher Sinnlichkeit vibriert und einen mitreißenden Sprachrausch erzeugt.

 Meine Männer ist eine literarische Fantasie, frei inspiriert von tatsächlichen Ereignissen“.

Liest man den Namen Belle Gunness und den Begriff Serienkillerin, so erliegt man schnell dem Trugschluss, dass es sich hier um einen Krimi oder eine Biografie handeln könnte. Dem ist bei weitem nicht so. Erzählt wird die Geschichte der jungen Magd Brynhild, die eine gewaltvolle Affäre mit einem Hoferben eingeht. Als sie ihm von ihrer Fehlgeburt erzählt, erleidet sie, aufgrund seiner Prügel, eine Fehlgeburt. Und verliert ihr Vertrauen in Männer.
Anschließend wandert sie zu ihrer Schwester nach Amerika aus. Dort heiratet sie und tötet ihre Ehemänner und Anwärter, um mit dem Geld ihre Kinder zu ernähren.
Ja, Belle Gunness war die erste Serienkillerin Amerikas und ich glaubte darüber und über ihre Motivation in diesem Buch zu lesen.
Stattdessen wird die Handlung um Brynhild, die sich später Belle nennt, sehr verworren erzählt. So gut wie nichts wird im Detail beschrieben. Es wird angedeutet, dabei lange Schachtelsätze verwendet, die es schwer machen dem Inhalt zu folgen. Dadurch ist Belles einsetzender Irrsinn erkennbar, aber nicht nachvollziehbar. Vieles bleibt schwammig. Nicht nur die Personen.
Wer nun glaubt, die 184 Seiten lassen sich schnell lesen, der irrt. Die gewaltige und bildhafte Sprache, die jeden Satz prägt, erfordert ihren Tribut. Man genießt sie, oder verzweifelt daran. Dies in Verbindungen mit den Andeutungen, machte es mir schwer die Person Belle zu fassen. Ich wurde nicht warm mit ihr und blieb distanziert. Dadurch kam mir das Buch auch an Seiten umfangreicher vor als es tatsächlich war.

Ja, der Schreibstil ist besonders. Mir war er auf Dauer zu anstrengend.